Die Vorfreude war dieses Mal groß. Sehr groß. Zum ersten Mal sollte es für uns nach Kuba gehen. Wir hatten von Freunden schon viel über das Land in der Karibik gehört. Die Rede war von Salsa, Mojito, Zigarren, Traumstränden und hübschen Männern. Kuba-Klischees as its bests. Das erste Ziel unserer Kubareise war die Hauptstadt Havanna. Hier wollten wir gleich am ersten Abend noch die Schwulenszene von Havanna genauer unter die Lupe nehmen. Auf welche Hürden Tom dabei stieß und wie überraschend bunt der Abend zu Ende ging, davon mehr in Toms Reisebericht seiner Städtereise Havanna.
Vom Flughafen zum Luxushotel in Havanna
Vom überraschend kleinen, ja fast schon schnuckeligen Flughafen ging es mit dem Taxi in die Innenstadt Havannas. Während der Fahrt öffneten wir die Fenster des Wagens. Die karibische Sonne schmeichelte unseren Gesichtern, ein angenehmer Meereswind fuhr uns durch unsere Haare. Temperaturen um die 28 Grad ließen sofort Urlaubsstimmung aufkommen. Perfekt. Unsere Unterkunft ist das Gran Hotel Manzana Kempinsiki im Herzen von Havanna, eines der schönsten Luxushotels Kubas. Nachdem wir es uns im Zimmer eingerichtet hatten, waren wir neugierig auf Kubas Hauptstadt und die Schwulenszene.
Kurzerhand schnappten wir uns unsere Handys, tippten den W-Lan-Code des Hotels ein und starteten die Dating-App Grindr. Das App-Fenster öffnete sich. Und dann passierte: nichts. Nada. Die Grindr-Kacheln blieben leer. Komplett. Wir schauten uns verdutzt an. Was ist das denn, bitte? Ist der W-Lan-Empfang hier im Kempinski-Hotel, in einem der besten Hotels in Kuba, etwa so mau, dass die – zugegebenermaßen recht datenhungrige Grindr-App – nicht ausreichend Saft bekam? Dem wollten wir auf den Grund gehen. Wir verließen das Zimmer und machten uns auf den Weg zu dem Ort, wo bekanntermaßen der W-Lan-Empfang im Hotel am stärksten ist: die Lobby. Dort aber die Ernüchterung: wieder nichts. Während alle anderen Apps problemlos und ziemlich flott aufgerufen werden konnten, blieb die für uns in diesem Moment wichtigste App leer. Doch damit war unsere Neugier geweckt.
Wo bitte geht’s zur Schwulenszene in Havanna?
Wir fragten Google, was los ist. Und tatsächlich: User berichteten in verschiedenen Foren, dass ganz offensichtlich Grindr in Kuba nicht funktioniert. Das überrascht, schließlich ist eine Grindr-Sperre doch eher aus streng muslimischen Ländern bekannt … Wie und wo kann man also andere Schwule in Havanna kennenlernen? Ein ganz heißer Tipp, auch das verriet uns Google, war die Uferpromenade Malecón. Havannas kilometerlange Uferstraße verbindet verschiedene Stadtteile der Hauptstadt miteinander – und ist vor allem abends Treffpunkt vieler junger und offenbar auch schwuler Kubaner.
Unser Ziel war also die Uferpromenade, genauer gesagt der Abschnitt auf Höhe des Hotel Nacional sowie auf und rund um die Avenida 23. Hier sollten sie sich allabendlich tummeln, die schwulen Männer von Havana. Nichts wie hin also. Von unserem Hotel flanieren wir gemütlichen Schrittes etwas mehr als eine halbe Stunde dorthin. Kaum angekommen, geraten wir auch schon ins Visier der Einheimischen. Wir waren offensichtlich Touristen. Also reiche Touristen, die sich einen Urlaub in Kuba leisten konnten. „Hola, how are you?“, schallt es uns immer wieder entgegen. Es ist kein Geheimnis: Einige der jungen Kubaner sind hier geschäftlich unterwegs und wollen uns vor allem eins verkaufen: sich selbst.
Wir nehmen Kurs auf die Bar gleich um die Ecke, die abends sehr gut besucht sein soll: das Cabaret Las Vegas. Wir haben Glück. Als wir um 22 Uhr ankommen, öffnet diese gerade ihre Türen. Der Eintrittspreis ist – wie so vieles in Kuba – spottbillig: umgerechnet drei Euro zahlen wir. Eine nicht mehr ganz so junge Kellnerin führt uns an einen Platz, nicht weit von der Bühne. Gegen Mitternacht, so erklärte sie uns, beginne die Show.
Havanna Schwulenszene im Cabaret Las Vegas
Das Publikum, das nach und nach eintrudelt, ist bunt gemischt. Fast ausschließlich Cliquen und Gruppen von Männern nehmen an den Tischen Platz. Man plaudert, lacht, tratscht und gönnt sich einen Daiquiri oder Mojito. Die hübschesten Kerle aber, meist durchtrainierte Kerle in den Zwanzigern, sind allein hier. Sie stehen mit etwas Abstand vor den Toiletten und beobachten mit Argusaugen das Geschehen. Auch sie scheinen geschäftlich unterwegs zu sein …
Als dann um Mitternacht die Show beginnt, fällt uns fast der Mojito aus der Hand. Mehr als zwei Dutzend Tänzer und Tänzerinnen stürmen die Bühne und führen sensationelle Tanzeinlagen vor. Wir hatten ja eher mit einer Drag Queen gerechnet, die ein paar Songs trällert, aber das hier eine Armee bildhübscher Kerle eine Show darbieten würde, damit haben wir nicht gerechnet.
Nach zwanzig Minuten ist das Spektakel auch schon vorbei und eine Drag Queen übernimmt das Zepter. Also dann doch eher das, was wir eigentlich erwartet hatten. Auf Spanisch frotzelt sie mit dem Publikum -leider verstehen wir kein Wort. Zwischendurch zieht sie singend durch die Bar, ein lasziver Blick hier, ein Küsschen dort. Nach einer halben Stunde ist die Show vorbei. Nach Hause geht aber niemand. Denn jetzt übernimmt der DJ. Die Drag-Queen-Bar verwandelt sich in einen Dance Club.
Und dann weiter in unsere erste kubanische Nacht…
Nun scheint die Stunde der jungen Kerle geschlagen zu haben. Immer wieder nähern sie sich uns, suchen Blickkontakt. Einige fackeln nicht lange und kommen gleich zur Sache. Ob wir gleich noch was vorhätten? Einen Drink zu Hause vielleicht? Die Nacht in Havanna war für uns also noch lange nicht vorbei…